dresden von oben: r9.gs.II.a.68.

fotos: annette nickel, lars beetz, ronald kleine, sebastian löder, wolf-peter franke, felix liebig – 30. märz 2012
texte: wolf-peter franke, sebastian löder, felix liebig

in der reihe „dresden von oben“ wagte sich eine gruppe der ag stadtdokumentation nach unbürokratisch bearbeiteter antragstellung und dankeswerter freundlichen genehmigung durch die db netz dresden an bzw. auf das stellwerk r9 am verschiebebahnhof dresden-friedrichstadt.

das sogenannte „gleisbildstellwerk“ (ext.) bietet einen wunderbaren blick über die westlichen, nördlichen und östlichen sowie etwas eingeschränkt auch südlichen anreinerstadtteile. es befindet sich direkt am abrollberg, der oberhalb des autobahnzubringers altstadt und gegenüber des rathauses cotta liegt.

von diesem „oben“ ist dresden in meinen augen zeitloser als irgendwo sonst. dieses oben könnte ein unten sein. eine archäologische ausgrabung. und das kürzel r9.gs.II.a.68. die signatur eines fundstücks. hier verändert sich nur am horizont gelegentlich etwas, das der betrachter kaum merkt. die stadt ist weit und silhouettenhaft. doch im nahblick ist alles facettenreich. konstant vielfältig. wie die züge, die fahrplanmäßig hier kreuzen. ein schutzraum, dem ich wünsche, dass er das auch noch lange bleibt und so gegen die auch jetzt schon wieder aufkommenden spekulationen über seine zukunft als teil der stadt resistent ist. die saurier sind nicht tot. sie schlafen nur. sie machen ihren eigenen frieden.

der wind weht rauh und augentränend. hier oben vertieft sich der eindruck eines abgelegenen ortes. rundum stehen und bewegen sich züge oder waggons. mehr stehend als sich bewegend. weit weniger als zu hochzeiten des güterbahnhofs. die heutige ruhe ist fast gespenstisch. dafür füllt sich der blick mit lebhaften details in nähe und ferne. der blick schärft sich auch für solche details, die heute erst in dieser form und ihrer stille wahrnehmbar sind. eigentlich stillgelegt erwachen geräte und anlagen beim anblick und erzählen von vergangenen tagen und einer noch nicht abgestellten ära der (eisenbahn)technologie. ein dinosaurier ist das, der selbst von der digitalen signaltechnik nicht bezwungen werden kann und so die zeit übersteht. natürlich nie ohne den menschen, der den schlüssel hat und den schalter drückt. der den mechanischen dinosaurier aufwachen lassen kann.

mitstreiter sebastian formuliert es auf seinem blogpost so:

„Eine Brache, die keine ist, amüsierte erstaunte Führerinnen. Rangierwerk R9, eine Zeitreise in funktionierende 70iger–Jahre–Technik, nicht per Computer ersetzbar. Der Mensch bleibt, Erfahrungen zählen. Immer wieder interessant das “Dresden von oben” abseits ausgenudelter Pfade.“

… aus rechtlichen und gründen der pietät bleiben hier einige erzählenswerte informationen ungenannt … das innenleben des gebäudes war für uns fotografisch selbstverständlich tabu, die terrasse dann nicht mehr. vor uns lag alles anderer als eine „industriebrache“…

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